Interview: Marie-Flore
Ort: Ein Café in der Nähe des Bahnhofs St. Lazare in Paris
Datum: 15.12.2008
Anwesend: Marie-Flore und Oliver Peel vom Konzerttagebuch
Um die Atmosphäre etwas aufzulockern, erzähle ich ihr erst einmal, daß ich aufzeichne und wen ich vorher schon so für das Konzerttagebuch befragt habe...
So, ich werde das Ganze jetzt mal aufnehmen, damit ich das Band später in Ruhe abhören kann. Bist Du damit einverstanden?

Ja, ja sicher! Das kleine Ding hat sich bewährt, damit habe ich unter anderem auch das Gespräch mit der Sängerin Alina Simone aufgenommen. Kennst Du sie?
M-F: Vom Namen her...
Das ist eine amerikanische Folksängerin aus Brooklyn mit russischen (genauer gesagt ukrainischen) Wurzeln, die dieses Jahr schon in der Pariser Java gespielt hat. Sie hat ein Album mit Coverversionen von Yanka Dyagileva, einer Punksängerin aus der Glasnostära aufgenommen, das ist eine sehr spannende Geschichte!
M- F: Oh ja!

M- F: Das ist ungewöhnlich. War sicherlich lustig!
In der Tat! Hast Du denn selbst schon Konzerte an außergewöhnlichen Orten gegeben?
M-F: Hmm, abgesehen von Konzerten in Privatwohnungen (meine Frage: "willst Du nicht bei mir mal spielen?", blieb offen...) war das bisher eher klassisch.
Würdest Du denn gerne mal eine Session mit der berühmten Blogothèque drehen?
M-F: Ja würde ich. Zwar gibt es inzwischen schon viele Blogs, die so etwas anbieten, aber das wäre ein guter Kompromiss und bestimmt ämusant.
Ansonsten gibt es ja auch diese sog. Lavomatik-Sessions*, wo Künstler - meistens Folkacts - vor sich drehenden Wäscheschleudern spielen, während ahnunglose Kunden rein-und rauslatschen...
MF: Haha. Ich glaube das kenne ich. Cocoon (Anmerkung: eine erfolgreiche Folkpop-Band aus Paris) haben so etwas auch schon gemacht, oder?
Ich weiß nicht. Ich persönlich kenne Sessions von Mariee Sioux (klick!) und Emily Jane White (hier zu bewundern!), aber ich glaube wir meinen das Gleiche...
Kommen wir zu Deinen Konzerten, die Du 2008 gegeben hast: Du bist mehrfach im Divan Du Monde aufgetreten, auch zweimal in der Maroquinerie und im Glaz'art und der Flèche d'Or warst Du ebenfalls. Sonst noch irgendwo?

War das also Dein bisher bestes Konzert?
MF: Ich denke, ja.
Und was waren denn das für interessante Bekanntschaften? Hast Du Isobel Und Mark kennengelernt?

Toll! Und wenn Mark Lanegan einfach mal so vorbeikommt und Interesse bekundet, sagt das ja viel aus, da er ansonsten immer so cool und unnahbar wirkt. Aber ich schätze, daß er eigentlich trotz seiner grimmigen Erscheinung eher zahm und nett ist, oder?
M.F.: Genau! Er war sehr höflich und nett!
Kommen wir mal von den Konzerten weg und reden ein wenig über Deine Lieder. Nimmst Du zur Zeit schon Stücke für Dein künftiges Album auf?

Werden denn die Lieder, die man auf deiner Myspace Seite hören kann, auf der EP enthalten sein?
MF: Nur ein einziges Lied, das man im Moment bei MySpace hören kann, wird da drauf kommen. Ein paar Songs werden wohl nicht veröffentlicht werden, aber Empty Walls, Half Past Three und und Trapdoor sind gesetzt, die kommen wohl ziemlich sicher auf mein erstes richtiges Album. Allerdings handelt es bei den Versionen auf MySpace eher um Demos, die werden noch überarbeitet werden..
Demos? Ich finde die Sachen hören sich schon ziemlich ausgereift an, man kann manchmal ein Banjo hören und auf dem Song Dizzy gibt es sogar heulende Gitarren!
MF: Lacht. Ha, ja Dizzy ist Rock'n Roll!
Du hast bisher noch nie mit einer Band gespielt. Wirst Du denn 2009 Deine Lieder in Begleitung zusätzlicher Musiker performen?

Also wird die ganze Sache dann deutlich experimenteller werden?
MF: Zumindest ein wenig. Ich möchte auch ein paar ungewöhnliche Instrumente haben. Bei Konzerten mit der oben beschriebenen klassischen Konstellation langweile ich mich schnell, das möchte ich für mich nicht.
Aha, dann sieht man dich 2009 also endlich mal mit anderen Musikern auf der Bühne?

Und der Bursche, der auf Empty Walls singt? Wer ist das? Gehört er auch zum Team dazu?
MF: Ha, ich liebe seine Stimme! Er ist Australier, heißt Michael Noga und ist Drummer der Band The Drones. Es war aber wohl nur eine einmalige Zusammenarbeit, er wohnt so weit weg... (Anmerkung: Die Drones haben 2007 beim Haldern Pop Festival in Deuschland gespielt. Auf ihrer MySpace Seite gibt es zahlreiche Videos von den dort performten Songs!)
Kommen wir mal zu einem anderen Aspekt. Nach Deinem Konzert in der Maroquinerie im Vorprogramm von den New Pornographers ist mir beim Surfen im Netz aufgefallen, daß es schon einen richtigen Videoclip von Dir gab. Inzwischen habe ich auch Gautier kennengelernt, der die Sache gedreht hat. Ich finde das ganz erstaunlich, es gab noch kein einziges Lied von dir auf dem Markt, aber schon einen (inwischen sind es sogar zwei) Videoclip zu Empty Walls . Wie kam es dazu? (Clip hier!!)

Mir gefällt insbesondere dein aktueller Videoclip zu Trapdoor. (Clip hier!!) Die Sache vermittelt die charmante Atmosphäre eines Indie-Films, vor allem wegen des alten Wohnwagens. Auch die zerklüftete Felslandschaft ist beeindruckend. Wo habt ihr gedreht?
MF: Wir haben ganz im Norden Frankreichs gedreht. Wir suchten eine Landschaft, die amerikanisch wirken sollte, mit diesen alten, verlassenen Campingwagen, der weiten Landschaft und so weiter. Irgendwann sind wir fündig geworden und für zwei Tage nach Nordfrankreich gefahren, um zu drehen. Auch der Fotograf Stéphane war klasse. Diese ganze Atmosphäre, die an ein Road-Movie erinnert, hat mir sehr zugesagt.
Und die kleine Geschichte? Ist das eine Lovestory?
MF: Nicht unbedingt, denn Trapdoor ist ja eigentlich kein Lovesong. Das Ende des Videoclips bleibt bewußt offen, damit sich jeder seine eigene Interpretation ausdenken kann. Es geht in erster Linie um eine bestimmte Atmosphäre und nicht eine konkrete Aussage.

MF: Sehr gut! Zusammen mit Gregg haben wir in Philadelpia fünf schöne Songs aufgenommen, die er geschrieben hat. Er spielt auch Gitarre, ist eigentlich Multiinstrumentalist. Ich habe den Stücken meine Stimme gegeben.
Wie kam dieser außergewöhnliche Kontakt eigentlich zustande?

In der französischen Presse vergleicht man Dich ja auch schon oft mit Cat Power. In dem kleinen Programmheft des Divan Du Monde, wo Du mehrfach aufgetreten bist, zum Beispiel. Was denkst Du darüber?

Gibt es aber trotzdem gewisse Einflüsse. Folkkünstler, die dich inspiriert haben?
MF: Ach weißt Du, Folk mache ich eigentlich nur aus Materialmangel, das war nicht unbedingt eine Sache, die ich mir so ausgewählt habe. Wie fast jeder, habe ich eben auch lediglich mit einer Gitarre und meiner Stimme angefangen. Ansonsten habe ich aber natürlich durch die Plattensammlung meiner Eltern bestimmte Künstler schon früh kennengelernt. Ich bin aufgewachsen mit Musik von den Beatles, Simon & Garfunkel, Joan Baez und Woody Guthrie.
A propos Joan Baez. Von ihr gibt es ein Lied mit dem Titel Marie Flore. Haben Deinen Eltern Dir deshalb den Namen gegeben?

Und wie hatte Joan Baez damals eigentlich Marie-Flore kennengelernt?
MF: Joan Baez war auf Konzertreise in Südfrankreich unterwegs, wo Marie-Flore wohnte. Anscheinend kannten die Eltern von Marie-Flore bereits Joan Beaz. So haben sie zueinander gefunden und sind bis heute Freundinnen geblieben...
Hat Dir das Pariser Konzert von Joan Beaz denn gefallen?
MF: Ja! Sie hat es ganz alleine mit ihrer Gitarre bestritten, vor tausenden von Leuten und trotzdem hat sie die Zuschauer mit ihrem Spiel gefesselt. Es herrschte eine totale Stille. Ein bewegendes Konzert!
Hast Du denn 2008 noch andere gute Konzerte gesehen, die Dir in Erinnerung geblieben sind?
MF: The Brian Jonestown Massacre à la Cigale, das hat mich wirklich umgehauen! Seitdem bin ich Fan! Allerdings war das nicht 2008, sondern früher...

MF: Ja, sonst wird es mir schnell langweilig. Akustische Konzerte, nur mit Gitarre und Stimme interessieren mich nur, wenn ich den jeweiligen Künstler sehr mag.
Wer interessiert dich den, wen möchtest Du mal sehen?
MF: Bat for Lashes, Black Rebel Motorcycle Club...
Auch QOTSA?
MF: Nein, die nicht. Velvet Undeground würde ich aber gerne sehen, doch das geht ja nicht mehr...
Aber Lou Reed kann man noch sehen.

Hörst Du denn gerne richtige Hippiemusik? Fairport Convention, Judee Sill, Tim Buckley. Oder Vashti Bunjan. Kennst Du sie? Sie hat zwei Platten im Abstand von 35 Jahren gemacht, eine im Jahre 1970 und die andere 2005. Eine verrückte Geschichte, oder?
MF: Ja, tue ich! Und Vashti Bunjan? Die hat sich halt eben Zeit gelassen (lächelt)...
Magst Du denn auch französische Künstler oder Bands?
MF: Ähhemm... (lacht laut los!) Da muß ich erst einmal eine Weile überlegen...
Gainsbourg?
MF: Mag ich, ja, Abe riesiger Fan bin ich nicht.
Französischer Folk?
MF: Als junges Mädchen habe ich französische Musik gehört und auch die ersten Lieder in meiner Muttersprache geschrieben, aber inzwischen bin ich auf amerikanischen und englischen Rock umgestiegen...

MF: Syd Matters liebe ich, die sind genial! Die habe ich schon so oft gesehen, ja, eine großartige Band! Ansonsten fühle ich mich keiner Bewegung zugehörig. Ich mache nur Musik, das ist alles...
Kennst Du denn deutsche Bands?
MF: Ich kenne einen recht unbekannten Künstler namens Cornelius, der hat eine Band die heißt Milkwood. Ansonsten? Rammstein, hahaha!
Und Tokio Hotel?
MF: Ja, die auch, haha!
KT: Behaupten wir einfach mal, daß die aus Japan kommen...
Du hast jetzt schon oft in Frankreich gespielt. Würdest Du gerne im Ausland touren? Und hast Du schon außerhalb von Frankreich gespielt?

Gibt es denn eine Traumlocation?
MF: La Cigale! Und das Olympia, das ist ein geschichtsträchtiger, magischer Ort!
KT: Marie-Flore, herzlichen Dank für das Gespräch und viel Erfolg weiterhin!
* Es gibt wirklich viele schöne Lavomatiksessions. Zum Beispiel auch von (unbedingt angucken!):
- Pollyanna - Tristan
- Chad Van Gaalen - Molten Light
- Joan As Policewoman - Eternal Flame
- Pollyanna - Tristan
- Chad Van Gaalen - Molten Light
- Joan As Policewoman - Eternal Flame
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