Dienstag, 3. Februar 2009

Eskimo Joe, London, 06.12.08


Interview: Eskimo Joe
Ort: Electric Ballroom, London
Datum: 06.12.2008
anwesend: Kavyen Temperly (Sänger und Bassist) und Oliver S. fürs Konzerttagebuch


Eine Deutschland Premiere gleich zu Anfang des Jahres auf Konzerttagebuch.de: das erste Interview mit Eskimo Joe!


Verabredet sind wir um 16.30 Uhr kurz vor dem Soundcheck im Electric Ballroom. Wir sind pünktlich, die Band nicht, also warten wir, bis die Jungs um 17 Uhr endlich auftauchen. 15 min. später hat Kavyen Temperley dann ein wenig Zeit für uns. Wir werden über eine alte knarrende Holztreppe in den Backstagebereich geleitet, welcher sich im ersten Stock befindet. Dort wartet Kav schon auf uns.

In eurer Heimat Australien seid Ihr eine sehr erfolgreiche Band. Für euer erstes Album habt ihr eine goldene Schallplatte erhalten, für das zweite doppelt Platin und das dritte vierfaches Platin - wie würdest du deine Band einem deutschen Publikum vorstellen, für das ihr absolut unbekannte Künstler seid?

Weißt du, wir kommen aus Westaustralien, aus der Gegend um Perth, um genauer zu sein, diese Ecke ist eine der abgelegensten und isoliertesten Regionen des Landes, rings herum nur Meer und Wüste. Deshalb klingen die Songs vieler Bands, die wie wir aus dieser Gegend kommen, letzendlich doch sehr melodisch und melancholisch. Wir haben uns von Album zu Album weiterentwickelt. Unser letztes Album Black Fingernails, Red Wine war von der Stimmung her sehr dunkel – es scheint so als wenn wir von Album zu Album immer dunkler werden – es hat diesen großartige U2 Sound beziehungsweise, klingt es ein wenig wie die leicht abgeänderte Version von Interpol oder ähnlichen Bands. Aber vom Kern her sind unsere Songs doch sehr melodiös. Als wir das Album schrieben – es ist jetzt eigentlich schon recht alt für uns, da wir gerade vor zwei Tagen die Aufnahmen für unser viertes Album abgeschlossen haben – hatten wir die die Vision, etwas in die Richtung von dunklem fetten Stadionrock zu produzieren. Ich weiß nicht, ob es am Ende funktioniert hat, aber das ist, glaube ich im Grunde die Essenz, wie ich uns als Band beschreiben würde.

Du hast von der Isolation der australischen Musikszene gesprochen. Ich habe den Eindruck, dass das aber gar nicht so schlecht ist, da sich so doch ein ganz eigener Musikstiel mit einer ganz eigenen Klasse in Down Under entwickelt hat.

Ja, da hast du recht.

Trotzdem ist es australische Künstler immer wieder schwer, auf dem europäischen Markt Fuß zu fassen.

Ja, es ist schon witzig. Du willst immer die Aufmerksamkeit und Anerkennung vom Rest der Welt, weil wenn du irgendwo auf diesem Planeten eine Menge Platten verkaufst, bedeutet dies ja noch lange nicht, dass du auch eine großartige lange Karriere hinter dir hast. Australier haben diese dämliche Angewohnheit immer noch zu denken, sie wären Teil des Britisch Empire. Die Anerkennung der Briten reicht für Sie oftmals, um sich als in Europa erfolgreich einzustufen, was natürlich absoluter Blödsinn ist.

Ich mag die Isolation und Individualität durch unsere Heimat. Und ich meine in den vergangenen drei Jahren hat sich sowohl das Internet, als auch die Art und Weise, wie Menschen heute damit umgehen und Musik konsumieren, geändert. Das öffnet für uns als australische Künstler einen ganz neuen Markt. Mittlerweile ist es egal, woher du kommst, ob du aus der kleinsten Stadt oder dem isoliertesten Flecken der Erde kommst, es ist einfach nicht mehr notwendig mit physischen Tonträger vor Ort präsent zu sein, um von den Menschen wahrgenommen zu werden.

In dem Teil von Australien, wo wir herkommen, ist die Szene so isoliert, dass wir halt die ganze Zeit jammend zusammenhocken und immer besser und besser werden, bis uns dann vielleicht überhaupt einmal irgendwer unter Vertrag nehmen will. Das wiederum ist auch positiv für uns, wo wir jetzt versuchen, die Welt außerhalb unserer Heimat mit unserer Musik zu erobern. Denn wir haben in den letzten Jahren so viele Erfahrungen machen dürfen bzw. uns in der Isolation entwickeln können, dass wir jetzt keine neue Rockband mehr sind. Wir kommen nun nach Deutschland und müssen uns nicht neu erfinden. Wir sind Eskimo Joe und wir ziehen unser Ding durch! Wenn es keinen interessiert, was wir machen, Pech gehabt!

Die Menschen in Deutschland reden bereits über Eskimo Joe, obwohl es ja eigentlich noch nichts von euch zu kaufen gibt …

Ja, das ist klasse… ich hoffe sehr, dass unsere Musik auch in Deutschland funktionieren wird. Es ist aufregend für uns zu sehen, wie wir bei euch ankommen. Euer Land ist so groß und dort leben so viele Menschen. Ich habe mir bereits ein "Wie spreche ich Deutsch" Wörterbuch gekauft, und ich werde mein bestes geben, um bei unserem nächsten Besuch bei euch auch ein paar Brocken Deutsch draufzuhaben. Ich will mit euch kommunizieren können!

Um noch mal auf das Internet zurückzukommen, wenn ich richtig informiert bin, hat es doch auch damit zu tun, dass ihr im Moment überhaupt in Europa Konzerte gebt, richtig?

Ja, das ist wohl richtig. Wie ich schon gesagt habe, wir haben gerade die Aufnahmen zu unserem nächsten Album beendet – so vor drei Tagen - wir haben gestern in Dublin ein Konzert gespielt und gingen eigentlich davon aus, dass da dann wohl sehr viele Landsleute von uns auftauchen würden. Da lagen wir falsch, es waren fast nur Dubliner anwesend, die unsere Musik kannten. Auch hier im Großbritannien haben wir noch keine Platte veröffentlicht, dennoch sind all unsere Konzerte bereits ausverkauft. Ich vermute also, dass uns doch irgendwer hier hört. Das Großartige ist, wenn wir nach Deutschland kommen werden um Konzerte zu spielen, dass wir dann auch die Möglichkeit haben, Konzerte in den angrenzenden Ländern zu geben und diese somit nach und nach auch zu erobern.

Was sind nun eure Zukunftspläne? Du sagst, es wird ein neues Album geben. Auf der anderen Seite gibt es ja auch noch drei recht erfolgreiche Alben von euch, die man in Europa noch nicht kennt bzw. kaufen kann. Wird es vielleicht eines Tages eine Art Best Off geben um dem Publikum auch dieses Material zugänglich zu machen oder werden diese Alben auch bei uns veröffentlicht?

Ich weiß es nicht, das kommt wohl darauf an, ob unsere Musik hier funktioniert. Vielleicht gibt es dann eine Best Off. Unser neues Album wird ja im kommenden Jahr in Deutschland erscheinen und ich würde mir wünschen, dass es den Menschen gefällt und sie dann beginnen, sich auch mit unseren anderen Alben auseinanderzusetzen. Ich weiß jetzt nicht genau, was wir machen werden, aber ich bin mir sicher, dass der Punkt sowieso kommen wird, an dem wir um eine Best Off in unserer Karriere nicht drumherum kommen werden. Ich muss gestehen, ich habe Best Offs nie gemocht, weil es sich irgendwie anfühlt, als wie wenn es das Ende deiner Karriere ist.

Ihr habt bereits die Daten für eine weitere Großbritannien Tour bekannt gegeben. Werdet Ihr dann auch nach Deutschland kommen?

Ich hoffe es doch sehr, dass ist zumindest der Plan zur Zeit. Wir planen im April / Mai zu euch zu kommen, um Konzerte in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu spielen. Das wird großartig und wir uns schon sehr freuen darauf! Ich weiß zwar nicht, wo man in der Schweiz oder Österreich Konzerte spielen kann …

Oh, das geht schon.

…ja? Cool. Wo denn da?

Nunja, zumindest in den Hauptstädten wie Wien, Zürich oder auch Basel gibt es Clubs.

Wirklich?

Klar, wenn Madonna oder U2 dort spielen können, werdet Ihr das auch können!

Das Lustige ist ja, dass irgendwie die ganze Welt denkt, die Schweizer, wären die Spielverderber von Europa. Ich weiß nicht warum, aber es ist so. Ich habe mal eine Zeit lang ein alternatives Internat in England besucht. Die Schule war sehr international besucht und die schönsten Mädchen kamen immer aus der Schweiz oder aus Deutschland. Die waren einfach unglaublich. Also ich weiß nicht ob die ein oder andere dort heute noch lebt, aber Mädels: Ich komme bald zu euch!

Mich würde am Ende noch einmal die Art und Weise eures Songwritings interessieren. Schreibst du alleine oder schreibt ihr zusammen an den Stücken?

Ich komme mit den Grundideen, den Basics eines Songs. Das ist dann halt eine Skizze vom Lied oder ein Demo. Nicht mehr als ein paar Akkorde, eine Melodie und der Text. Dann kommt meist Joel dazu und wir arbeiten zusammen weiter. Was muss geändert werden, wo müssen Akkorde verändert werden, wie strukturieren wir die Bridge? Oder er sagt mir, dass ich einfach alles neu schreiben muss. Dann kommt Stu dazu, und wir arbeiten die Arrangements mehr aus, all die kleinen Feinheiten, weißt du. So entsteht am Ende ein Eskimo Joe Song. Also wenn das Stück entsteht, gibt jeder seine kreativen Input dazu, die Grundidee kommt aber von mir – ein Eskimo Joe Song besteht halt aus all unseren Einflüssen!

Mit welchem Instrument schreibst du denn dann? Mit dem Bass, Gitarre oder am Piano?

Ich schreibe meist auf einer akustischen Gitarre oder dem Piano, oft höre ich aber auch Sachen im Radio und denke mir: Verdammt, was für eine gute Idee! Und beginne dann mit einem Drumbeat, den ich auf meinem kleinen Computer programmiert habe; darauf baue ich dann den Rest auf. Ich nehme ein Demo davon auf und präsentiere es den anderen. Da bastelten wir dann einfach alle dran herum. Manchmal haben wir am Anfang einen großen bombastischen Titel, der sich dann im Laufe der Zeit zu einer Akustik-Nummer entwickelt. Du weißt nie, was am Ende dabei rumkommt.

Ich habe in den letzten Jahren oft eure Musik gehört und mir ist aufgefallen, dass es doch irgendwie immer einen typische Aufbau eurer Lieder gibt. Es scheint so, als ob sich die Songs oft Instrument für Instrument aufbauen - und Oh’s und Ah’s mögt ihr auch sehr gerne?

Ja, es gibt schon irgendwie eine gewisse Formel, nach der wir arbeiten, Aber wir schätzen Bands wie die Pixies, The Beatles, David Bowie und alles in dieser Richtung. Wir lieben halt all diese großartigen Stücke, die die Pixies geschrieben haben, in denen ein Instrument auf das nächste aufbaut, diese Dynamik, die daraus entsteht, ist großartig. Wenn es laut wird und dann wieder leise, das liebe ich!

Ok, ich denke, unsere Zeit ist um und ich danke dir sehr, dass du dir ein wenig Zeit für uns genommen hast!

Gerne, ich habe zu danken. Ich glaube ich muss jetzt leider zum Soundcheck, aber wir sehen uns bestimmt bald in Deutschland wieder!

 

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