Montag, 16. November 2009

Maxïmo Park, Frankfurt, 28.10.09


Interview: Maxïmo Park
Ort: Jahrhunderthalle, Frankfurt
Datum: 28.10.2009
anwesend: Tom English (Schlagzeug), Lukas Wooller (Keyboard) und -Christoph- vom Konzerttagebuch


Unmittelbar vor dem Abschlußkonzert der Herbsttour durch Deutschland hatten wir Gelegenheit mit Maxïmo Park zu sprechen. Die Band aus Nordengland ist eine der von uns am häufigsten gesehenen. Höchste Zeit also, einmal einige Dinge zu erfragen, die uns bei Konzerten aufgefallen waren. Der Interviewer vor mit hatte überzogen, daher war es bereits 19.15 Uhr, als Tom und Lukas in eine der zahlreichen Garderoben der Jahrhunderthalle kamen. Ein guter Einstieg beim Begrüßen ist immer eine kurze Vorstellung unserer Seite und die Erwähnung der letzten Konzerte der Band, die wir gesehen haben.

... zuletzt bei dieser Tour in Luxemburg und Düsseldorf - und heute.

Tom: Vermutlich die letzte Gelegenheit für eine ganze Weile!

Oh! - Ihr spielt vor euren Touren gerne in kleinen Clubs. Was mögt ihr lieber? Hallen wie diese, Clubkonzerte oder Festivals? Wir haben euch im letzten Jahr in Haldern gesehen.

Lukas: Haldern ist sehr cool!
Tom: Festivals wie Haldern sind großartig, weil sie enorm viel Atmosphäre haben, die du bei Veranstaltungen wie Rock am Ring nicht unbedingt vorfindest. Weil Festivals wie Haldern kleiner sind, spielen wir nachts; da kommt nichts anderes ran! In Deutschland können wir das glücklicherweise häufiger tun als anderswo, zum Beispiel beim Hurricane ein paar Male. Nachts auf einem Festival, das ist das beste!
Lukas: Wir waren begeistert, in Haldern zu sein, wegen all der anderen Bands, die da gespielt haben. Großartige Bands wie The National.

Die waren überragend!

Tom: Ja!
Lukas: Oder Primavera, da haben wir auch spät gespielt.
Tom: Primavera war sehr cool!
Lukas: Wenn bei einem Festivals Bands auftreten, die du toll findest, wird aus einem normalen Gig für uns ein besonderes Ereignis. Dafür machen wir das, was wir machen. Deshalb sind wir in einer Band: wir lieben es, Musik zu schreiben, wir lieben es, Musik zu spielen und wir lieben es, Musik zu hören. Wir haben zum Beispiel irgendwann The Fall gesehen, und wir sind riesige Fans von denen...
Tom: ...und sie kamen hinterher zu uns - nicht Mark E. Smith, die Band - um uns zu sagen, wie sehr ihnen unser Gig gefallen hatte.

Wow!

Tom: Das von denen - das war wirklich wow!

Daß ihr euch auch jenseits eurer Band für aktuelle Musik interessiert, habe ich immer als Grund für die Auswahl eurer Vorgruppen vermutet. Die meisten britischen Bands spielen zu Hause mit anderen namhaften Supports, in Deutschland werden die dann aber durch regionale Bands, die oft schlecht sind, ersetzt. Ihr habt immer ausgezeichnete Vorgruppen dabei, auf dieser Tour in Luxemburg Cougar und Pete And The Pirates, bei den deutschen Terminen die fabelhaften Blood Red Shoes.

Lukas: Wo immer wir auf Tour sind, möchten wir sicherstellen, daß wir einen Support haben, mit dem wir gerne spielen. Egal, ob in Amerika oder Australien, Europa oder England. In Deutschland haben wir das Glück, vor großem Publikum zu spielen, da ist es einfacher, Bands zu finden. Aber wir sind bald in Australien und spielen da kleinere Shows und... [er fängt an zu lachen, denn Toms Glas verliert Wasser]
Tom: Mein Becher hat ein Leck! Oh my god!
Lukas: ...da ist es also schwerer, eine Band zu finden, die wir mögen. Das dauert dann eben länger. Wir gucken bei myspace und entscheiden, wen wir gerne hätten. Manchmal ist das richtig merkwürdig. Unser australischer Promoter hat uns einige Bands empfohlen, und wir haben sie alle gehasst! Also hören wir uns Bands an, von denen der Promoter noch nie gehört hat, obwohl er aus der gleichen Stadt kommt.
Tom: Es ist sehr einfach, andere Leute für dich Supportbands suchen zu lassen. Wenn wir nicht auf Tour sind, haben wir aber wirklich keine Gründe, das nicht selbst zu machen! Und wir wollen deren Auftritte ja auch sehen, also wollen wir Gruppen, die wir selbst mögen.

Einige von euch haben wir in Luxemburg im Publikum gesehen, während Cougar gespielt haben...

Lukas: Die waren brillant!
Tom: Cougar sind hervorragend!
Lukas: Mit Cougar war das witzig, als wir mit dem zweiten Album durch Großbritannien getourt sind. Sie waren vorher noch nie in England, sie hatten auch keinen Plattenvertrag. Wir haben sie gefragt, ob sie uns supporten wollten, wir könnten aber nicht viel zahlen, würden sie aber sehr mögen. Sie haben zugesagt, und so haben wir mit Cougar und Art Brut gemeinsam gespielt. Wir waren uns wirklich nicht sicher, ob die Leute Cougar mögen würden. Aber jeden Abend hat es beim Publikum irgendwann "Click" gemacht, und es mochte die Band. Gottseidank ist unser Publikum so offen Neuem gegenüber.
Tom: Unsere Zuschauer sind mehr Mainstream als das von Cougar zum Beispiel. Ohne sie bevormunden zu wollen, wollen wir sie ein wenig anstupsen und den musikalischen Horizont ihrer unschuldigen Ohren erweitern.

Wie sieht das bei euch aus? Habt ihr zum Beispiel auf Festivals Zeit, viele andere Bands zu sehen?

Tom: Es gibt da oft sehr gleiche Lineups. Uns ist es oft passiert, daß genau am anderen Tag Radiohead aufgetreten sind. Wir haben noch nie am gleichen Tag wie Radiohead gespielt!
Lukas: Lowlands war gut dieses Jahr. Da haben wir Fever Ray erlebt, das war unglaublich, eine sagenhafte Atmosphäre, ohne viel Aufwand, nur mit Licht.
Tom: Und Laser.
Lukas: Laser und Lampen.
Tom: Laser und Lampen!

Um noch einmal zu den Supportbands zu kommen: gibt es da noch Gruppen, mit denen ihr unbedingt spielen wollt? Oder hattet ihr schon alle?

Lukas: [lacht] Done it already! Nein, da gibt es eine, die sich leider mittlerweile aufgelöst hat: Electrelane haben uns bei einem Konzert vor einigen Jahren in England supportet. Es ist eine Schande, daß wir mit ihnen keine richtige Tour zusammen machen konnten.
Tom: War das nicht sogar ihr letzter Auftritt?
Lukas: Einer der letzten. Sie waren noch auf Tournee mit... wie heißen die noch? Die Leute, die Neon Bible gemacht haben?
Tom, Christoph: Arcade Fire!
Lukas: Mit Arcade Fire waren sie richtig auf Tour.

Wir haben über das Pariser Konzert der Tour geschrieben...

Tom: Aber zur Zeit?
Lukas: Es gibt einige interessante neue Bands [zeigt auf meine Tasche mit x-Aufdruck]. The xx sind wirklich gut. Ich bin auch großer Stereolab Fan. Das wäre toll, die ins Boot zu kriegen.
Tom: [lacht]
Lukas: [lacht] Es wäre halt schon klasse, sie zu fragen! Malcolm Middleton und Teenage Fanclub hatten wir auch als Supports, Quatsch, Teenage Fanclub nicht!
Tom: Nein! Wir haben eine Arena-Show in Newcastle gespielt, die auf der Bonus DVD zur neuen Platte ist. Dafür wollten wir Teenage Fan Club als Vorgruppe haben. Am Ende haben die Buzzcocks uns dann supportet. Aber wir wollten Teenage Fanclub haben, weil viele Leute aus Schottland zu dem Gig kamen. Der Auftritt war aber auch wieder ein gutes Beispiel, wie wenig du die Reaktionen des Publikums einschätzen kannst. Es war so eine riesige Show, daß es vollkommen unwahrscheinlich war, daß niemand die Buzzcocks kannte. Ich habe mich für die Stimmung
während ihres Auftritts geschämt! Da war gar nichts, bis sie Ever fallen in love angestimmt haben. "Ah, das kenne ich!" Schrecklich! Du willst ja keine Band bloßstellen! Schlimmer ist es natürlich noch, wenn da offene Feindschaft ist, dann fühlst du dich richtig schlecht, sie in diese Situation gebracht zu haben!

Ich muß mich da outen. Ich habe vor einigen Jahren mit einer Freundin Robbie Williams im Kölner Stadion. Vorgruppen waren Ash und New Order. Und die kannte niemand, auch New Order nicht! Das war schrecklich! Bernard Sumner wurde immer zynischer. "Das nächste Lied werdet ihr auch nicht kennen. Das war ein Hit in England und Europa. Es heißt Blue monday!"

Tom: Das ist bizarr!
Lukas: Schrecklich, oder?
Tom: Aber dennoch respektiere ich jetzt Robbie Williams mehr. Dafür, daß er solche Vorgruppen mitbringt! Wir haben New Order mal supportet; vor zwei Jahren in der Wembley Arena, das war fantastisch!
Lukas: Wir hatten zu Beginn unserer Karriere großes Glück damit, wen wir supporten konnten. Oft waren wir zum Beispiel mit den Kaiser Chiefs unterwegs, in der Zeit, als sie schnell groß geworden sind. Oder sehr früh mit Bloc Party. Wenn du als Vorgruppe deinen Job gut machst, kannst du der Hauptgruppe sehr helfen. Das haben wir immer versucht.
Tom: Die Kaiser Chiefs haben wir 2005 auf zwei großen Tourneen durch Großbritannien supportet. Dadurch sind wir aus Sicht der Medien bzw. der Öffentlichkeit zu sehr in ihre Nähe gerückt. Musikalisch merkt jeder, daß wir ganz anderes als die Kaiser Chiefs machen. Aber es dauerte schon eine Weile, diese Verbindung Kaiser Chiefs - Max
ïmo Park abzuschütteln.

Habt ihr einen Lieblingskonzertort? Vielleicht das Wembley-Stadion, über das wir eben gesprochen haben?

Lukas: Das ist das Gegenteil davon! Ich mag das Mascotte in Zürich sehr gerne; wir haben da zweimal gespielt.
Tom: Das ist ein cooler Platz!
Lukas: Die Ausstattung ist nichts Besonderes, die Anlage ist nicht gut, die Bühne nicht groß. Aber du bist da mitten in der Menge, Ich erinnere mich an das erste Konzert, das wir da gespielt haben, das war vollkommen irre!
Tom: Vor ein paar Wochen sind wir in der Royal Albert Hall aufgetreten. Wegen der Akustik und des Innenraums, vor allem der Ausstattung, ein unglaublicher Konzertort!
Lukas: Und die Orgel...
Tom: Nichts klingt mehr gut, seit wir da aufgetreten sind. Das ist solch ein unglaublicher Saal! Wenn du so etwas wie die Royal Albert Hall zu deinem Lieblings-Auftrittsort machst, wirst du aber Probleme haben, normal weiterzumachen.
Lukas: Absolut!

Und der schlechteste Ort?

Tom: Wir sind als Vorgruppe von Police in einem Stadion aufgetreten, während die Leute gerade langsam ihre Plätze gesucht haben.
Lukas: Twickenham Stadium.
Tom: Das war wirklich merkwürdig! Es war...
Lukas: ...wie Halbzeit-Entertainment.
Tom: Genau! Es hat schon irgendwie Spaß gemacht, da mußt du eben durch. Aber als Hauptbeschäftigung würden wir das nicht machen wollen.

Hattet ihr andere Pannengigs?

Tom: Wir waren fürs Melt! gebucht vor ein paar Jahren.
Lukas: Vor vier Jahren, glaube ich.
Tom: Genau. Aber das fand nie statt, weil es da einen Sturm gab und wir ein Flugzeug bekommen mussten. Der Zeitplan war vollkommen durcheinander, als sie irgendwann weitermachen konnten. Wir mussten dann aber weg. Die Jungs hatten ein kurzes Akustikset von vielleicht drei Songs vorbereitet aber das haben wir nicht gespielt. Diese Melt!-Sache war wohl das größte Desaster bisher.

A propos akustisch: Going missing, das ihr auf dieser Tour akustisch spielt, ist eine tolle Idee!

Tom: Ja, das fand ich auch [lacht]. Danke!

Prinzipiell seid ihr euch ja schon treu geblieben mit der letzten Platte. Jetzt, wo jeder versucht, etwas anders zu machen, elektronisch zu werden und sich neu zu erfinden, klingt ihr immer noch nach Max
ïmo Park, was ich sehr gut finde. Wie ist das? Wir euch das auch zum Vorwurf gemacht? Gibt es Druck von den Medien, immer Neues auszuprobieren?

Lukas: Wenn du weiter das machst, was du vorher gemacht hast, kritisieren dich Leute dafür, dich nicht weiterzuentwickeln. Und wenn du Sachen änderst, wirst du dafür geprügelt. Wir möchten unser eigenes Interesse hochhalten. Als wir diese Albert-Hall-Sache gemacht haben, hatten wir vier Streicher und vier Bläser. Vor der Show haben wir hart daran gearbeitet, die wirklich einzubinden, sodaß sie in die Arrangements integriert werden, nicht bloß ein paar zusätzliche Instrumente sind. Vor London haben wir in Glasgow und Manchester gespielt und hatten die Bläser schon dabei.
Tom: Wir wollten einen Bruch in der Mitte der Show erzeugen und danach mit den Blasinstrumenten weitermachen.
Lukas: Die Going missing Version kam daher. Es ist eine Art Unfall gewesen. Mittlerweile haben wir es so bei einigen Sessions gespielt. Und es funktioniert sehr gut.
Tom: Das beste daran ist, wie das Publikum mitsingt! Das bringt dich ihm näher. Ein billiger Trick [lacht]!

Einige Sachen haben sich bei euch live seit vorigem Jahr geändert. Lukas, du stehst jetzt auf der anderen Bühnenseite und hast ein neues Keyboard. Was ist mit dem roten passiert?

Lukas: Das wird nicht mehr gebaut! Deshalb habe ich jetzt andere. Die chinesische Firma, die die roten hergestellt hat, macht die nicht mehr, und die waren leider nicht sehr stabil und sind schnell kaputtgegangen.

Das muß für einen Musiker schlimm sein, sein gewohntes Instrument zu verlieren.

Lukas: Ja, aber man gewöhnt sich daran. Ich denke, es wäre schlimmer, eine Gitarre zu verlieren. Bei Gitarren gibt es eben mehr kleine Sachen, die schief gehen können.

Und Paul springt nicht mehr.

Tom: Jahrein, jahraus mit dünnsohligen Schuhen zu springen, ist nicht gut für die Knie. Wenn wir Turnmatten auslegen, springt er vielleicht irgendwann wieder.

Vielen Dank dafür, daß ihr euch die Zeit genommen habt!


1 Kommentare:

Julius hat gesagt…

wunderbar unterhaltend, gerade das richtige für wintersonntagabende! :)

 

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