Dienstag, 16. September 2008

Editors (Chris Urbanowicz & Ed Lay)


Interview: Editors

Ort: Backstagezelt auf dem Haldern-Festival
Datum: 08.08.2008
Anwesend: Chris Urbanowicz (Gitarrist) & Ed Lay (Schlagzeuger)


Typisches Haldern-Wetter... Es regnet ununterbrochen, mal mehr, mal etwas weniger - aber es regnet. Als wir im Backstage-Zelt ankommen, sieht es genauso aus, wie wir uns den Haldern Backstage-Bereich vorgestellt hatten. Künstler, Veranstalter, Journalisten sitzen auf Bierbänken und unterhalten sich. Wundervoll!

Unsere Gesprächspartner Ed und Chris stehen mit Sänger Tom in der Mitte des Zelts und warten auf uns.

Konzerttagebuch: Vielen Dank, daß ihr euch die Zeit nehmt. Ihr seid eine der Bands, über die wir am häufigsten geschrieben haben. Bisher haben wir über zehn Editors Konzerte berichtet, meist aus Paris...

Ed: Die Paris-Shows sind alle großartig! Da haben wir immer sehr viel Spaß.

... dann auf dem Melt! Festival...

Chris: Da hat es unglaublich viel geregnet. Das hat meine Gitarre zerstört.

Wie fandet ihr das Melt! abgesehen vom Wetter?

Chris: Unser Gig war gut.
Ed: Diese Szenerie da ist sehr cool, es ist so düster, das ist umwerfend!

An welchen ähnlich eindrucksvollen Orten habt ihr schon gespielt?

Ed: Wir waren gerade mit R.E.M. unterwegs, zum Beispiel in der Arena in Verona und an ein paar anderen schönen Plätzen in Italien. Und dann war da dieses große Festival in Portugal, ich weiß den Namen gerade nicht. Da gibt es solch ein Natur-Amphitheater. Jeder der da hochgeklettert ist, war beeindruckt! Das war grandios spät nachts. Wir lieben solche einzigartigen Konzertstätten.

So wie die KulturKirche in Köln?

Ed: Ja! Da wurden wir nur gebeten, leiser zu sein...

Wie war das da wirklich? Der NME hatte ja anschließend von bewaffneten Spezialkräften der Polizei berichtet*, die das Konzert beendet hätten. Ohne, daß man da irgendwas von bemerkt hätte...

Chris: Einer der Anwohner hat sich wohl bei der Polizei beschwert, weil wir zu viel Krach machten. Er bat uns höflich, leiser zu spielen. Wir sagten, es wäre eh nur noch ein Lied. Das war alles.

So dachten wir uns das.

Chris: Er hatte keine UZI 9mm im Gürtel stecken!
Ed: Wir wurden verhört, mit Scheinwerfern, die uns ins Gesicht strahlten!
Chris: Und nackt untersucht!
Ed: Schließlich aufgefordert, nie mehr nach Köln zu kommen.

Erinnert ihr euch an echte Katastrophenauftritte?

Ed: Jede Menge. In Italien hatten wir gerade wirklich Probleme. Unser Gitarrentechniker mußte aus privaten Gründen abreisen. Der Drumtechniker machte dann auch dessen Arbeit mit. Das waren dann nicht die besten Gitarrenwechsel, die man je gesehen hat. Die Gitarren waren auch nicht richtig gestimmt.
Chris: Unser Gitarrenmann hatte seinem Vertreter ein paar komische Anweisungen hinterlassen. Er sollte zum Beispiel E# einstellen, was, wie jeder, der Ahnung von Musik hat, weiß, F ist. E# war dann nirgendwo abzulesen, was dem Ersatzmann Probleme bereitete. Aber insgesamt hatten wir bisher viel Glück, nichts ist explodiert, nichts Schlimmes passiert.

Ihr habt R.E.M. erwähnt und die gemeinsamen Auftritte. Habt ihr Orange crush gespielt?

Chris (lacht): Nein! Und wißt ihr warum? Wir wollten das einfach den Profis überlassen. Ich weiß aber noch, als ich das zum ersten Mal live von R.E.M. gehört habe. "Hey! Die spielen das falsch!" Aber ich glaube, sie spielten das doch richtig (lacht).

Zuletzt habt ihr auch Lullaby von The Cure gecovert.

Ed: Wir machen das immer gerne, solche Cover zu spielen, besonders, wenn wir keine Gelegenheit hatten, neues Material zu schreiben.
Chris: Das bedeutet Abwechslung für uns. So werden Konzerte wieder spannend.

French Disko von Stereolab ist auch eines dieser Lieder...

Chris: Das haben wir lange nicht mehr gespielt!
Ed: Bestimmt seit zwei Jahren.

Covert ihr nur Songs von Bands, die ihr mögt? Oder würdet ihr auch irgendwelchen Trash spielen?

Chris: Stereolab mag ich nicht.
Ed: Es ist schon reizvoll, etwas zu spielen, was man gar nicht leiden kann.

Arab Strap haben Bonnie Tyler gecovert.

Ed: Total Eclipse?

Nein, It's a heartache.

Ed: Vielleicht lieben sie das?
Chris: Ich würde gerne mal Steppin' out von Joe Jackson spielen. Kennt ihr das? Ich liebe den Song!

A propos Jackson: stimmt es, daß Michael Jackson euer Lied Camera liebt?

Chris: Er ist ein großer Fan.
Ed: Am meisten mag er Chris' Kleidung und seine Schuhe! Dieses Paar Winklepicker Hiphop Stiefel!

Wie habt ihr davon erfahren?

Chris: Von einer Freundin.

War er mal bei einer eurer Shows?

Chris: Darf er denn raus?
Ed: Der war seit Jahren bei keinem Konzert mehr.
Chris: Er war im Dorchester Hotel, als er in London war. Eine Freundin von mir hat ihn da getroffen, Fotos gezeigt, erzählt, daß sie mit uns auf Tour war. So ist diese Geschichte entstanden.

Um noch mal zu Konzerten zu kommen. Gibt es Orte, Festivals, wo ihr gerne auftreten würdet? Queens Geburtstagsparty zum Beispiel?

Ed: No way!
Chris: Im Union Pool in Brooklyn. Das wäre toll.
Ed: Rio oder so wäre gut, vielleicht ein Festival da...

Rio?

Chris: Wir waren noch nicht in Südamerika.
Ed: Ich glaube, da drehen die Leute richtig durch bei Konzerten, selbst wenn sie unsere Musik nicht kennen.

Wart ihr schon Fujirock in Japan?

Ed: Nicht bei Fujirock. Wir waren beim Summer Sonic Festival - und das war toll! Fujirock muß allerdings auch großartig sein.

Ist das Publikum in Japan anders als in Europa oder Amerika?

Ed: Die sehr stark westlich gepägten Kids rasten bei Konzerten stärker aus, als die Leute hier. Dann gibt es aber auch viele, die ganz ruhig und entspannt sind. Eine schöne Mischung.

Wie funktioniert der Prozeß des Songschreibens bei euch? Macht ihr das im Winter, nach all den Festivals und Tourneen?

Chris: Wir haben zum Beispiel in den letzten beiden Tagen in London an neuem Kram gearbeitet.

Beim Melt! habt ihr ein neues Lied gespielt. Wie heißt das?

Chris: No sound but the wind, das ist aber noch weit davon entfernt, fertig zu sein. An dem Stück haben wir in London auch gearbeitet. Das ist aber nicht mein Liebling unter den neuen Sachen. Es tut richtig gut, aus diesem Gig-Alltag rauszukommen und im Studio das zu tun, was dein Job als Musiker ist.

Spielt ihr die neuen Stücke dieses Jahr noch?

Chris: Wir hören Mitte September auf, Konzerte zu spielen. Also wahrscheinlich nicht. Nach diesen Auftritten werden wir erstmal viel Zeit haben, um die neuen Sachen zu proben. Unser Songwriting jetzt ist auch anders, es ist elektronischer, es gibt mehr Samples, ich spiele viel mehr Keyboard.
Ed: Das wird eine Art Neugeburt im nächsten Jahr sein, wir werden anders klingen!
Chris: Mir wird ein dritter Arm wachsen müssen, damit ich das alles spielen kann.

Ist das intensive Touren sehr ermüdend?

Ed: Es war ok, wirklich nicht zu schlimm.
Chris: Ich bin immer müde.
Ed: Wir fühlen uns eigentlich gut, wie gehen uns nicht auf die Nerven.
Chris: Mich langweilt das Touren gerade. Das passiert einfach, wenn du zwei Jahre unterwegs bist. Ich wäre lieber im Studio oder würde schreiben, das ist das, was ich am meisten liebe.

Chris: Oh, es regnet wieder stärker!

Das ist hier immer so.

Chris: Man macht uns gerne für schlechtes Wetter verantwortlich. Die letzten Interviewer eben auch!

Ihr habt noch eine Weile Zeit bis zu eurem Auftritt. Heute spielt ihr sehr spät. Beim Wireless Festival haben wir euch schon so um sechs oder sieben Uhr gesehen, vor den Kaiser Chiefs. Was ist die beste Zeit für ein Konzert? Mitternacht?

Chris: 22 Uhr ist am besten, denke ich.

Beim Wireless Festival war uns aufgefallen, daß die meisten Leute sich ausschließlich für die Kaiser Chiefs interessiert haben. Dabei war euer Konzert begeisternd gut.

Ed: So ist das eben. Als Support spielt du auch vor Leuten, die das nicht interessiert. Das berührt mich nicht.
Chris: Ich habe das vergessen.
Ed: Er hat das vergessen (lacht)

Was sind eure Lieblingslivelieder?

Chris: I predict a riot
Ed (gleichzeitig): Von den Kaiser Chiefs?

Nein, von euren Songs!

Chris: I was joking.

Ihr spielt zum Beispiel immer You are fading, diese B-Seite. Das müßt ihr lieben!

Ed: Definitiv!
Chris: Mein Favorit ist gerade die neue Version von Blood!

Der Beginn ist anders.

Chris (lachend): Ja, so wie der Rest des Lieds...

Die Version ist toll.

Chris: Das ist immer eine schöne Abwechslung, ein Lied anders zu interpretieren.

Kennt ihr deutsche Bands?

Chris: Kraftwerk! Wie hießen die, mit denen wir in Österreich gespielt haben? Wieer zind Helden? Die sind deutsch, oder? Wir haben die aber nicht gesehen.
Ed: Wir sind schlafen gegangen.
Chris: Ja, wir sind schlafen gegangen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Der anschließende Auftritt der Editors war alles andere als verschlafen. Die Band legte einen der besten Auftritte hin, die wir bisher erlebt haben. Hier unser Bericht.

* http://www.nme.com/news/editors/28967


 

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